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Weihnachtskarpfen von Fischer-Ankern

Wer denkt, der österreichische Landadel sei längst ausgestorben, kennt Peter Fischer-Ankern nicht. Vom restaurierten kaisergelben Barockschloss in Kirchberg am Walde aus, einer 1400-Seelen-Gemeinde im äußersten Nordwesten Niederösterreichs, seit 1869 Sitz der Familie Fischer-Ankern, verwaltet der Sohn von Dr. Peter Fischer-Anker den Familienbesitz: mehr als 13 Quadratkilometer Wälder, Wiesen und Felder im Herzen des Waldviertels. Und vor allem – Teiche.

Die Fischer-Ankern’sche Guts- und Forstverwaltung ist einer der größten Karpfenzuchtbetriebe Österreichs. Den 26 Teichen der Familie – insgesamt mehr als 180 Hektar Fläche – werden Jahr für Jahr mehrere Dutzend Tonnen Fische entnommen. Und zwar durch und durch biologischer Basis, wie Peter Fischer-Ankern betont: Von der Futterproduktion bis zum Abfischen folgt der Betrieb den Richtlinien der AMA für die biologische Teichwirtschaft. „Das heißt, dass wir auch das Futter selbst produzieren“, sagt Fischer-Ankern und deutet auf eine hoch gewachsene verwilderte Wiese nahe dem Schloss – die sich bei genauerem Hinsehen als mit Disteln und anderen Wildpflanzen durchwuchertes Weizenfeld entpuppt. Dadurch habe man beim Ernten einen höheren Aufwand, aber das sei eben der Preis des wertvollen Prädikats „Bio“, erklärt der Fischzüchter.
Ein Fisch pro 20 m. Überhaupt darf nur eine Hälfte ihrer Nahrung den Karpfen zugefüttert werden – die andere müssen sich die Fische selbstständig im Plankton der naturtrüben Waldviertler Teiche suchen. Dadurch bilden sich ihre Muskeln aus, der Fettanteil hingegen bleibt gering. Und zuletzt ist da noch die Sache mit dem Platz: Damit der Karpfen zum Biokarpfen wird, darf eine Dichte von einem Fisch pro 20 Quadratmeter Teichfläche nicht überschritten werden – weshalb den Fischer-Ankerns nach den Abfischterminen im April und Oktober unterm Strich nur rund 350 Kilogramm Karpfen pro Hektar im Netz bleiben. Kein Vergleich zu intensiv bewirtschafteten Karpfenfarmen im Ausland also, die jährlich pro Hektar Erträge von 15 Tonnen Fisch und darüber hinaus produzieren.

Aber es zahlt sich aus: Seit die Familie Fischer-Ankern ihre Karpfen auch über die Rewe-Biolinie „Ja! Natürlich“ vertreibt, übersteigt die Nachfrage die Produktion bei Weitem, besonders vor Weihnachten sind die begehrten Waldviertler Wildkarpfen schnell ausverkauft.

Ob die Fischer-Ankerns deswegen expandieren, im großen Stil neue Teiche anlegen, ihre Mitarbeiterzahl aufstocken werden? „Nein, sicher nicht“, sagt Fischer-Ankern, „lieber einen kleinen Betrieb sicher führen als sich übernehmen.“ Schließlich soll für die nächste Generation und die folgenden alles erhalten bleiben – hier denkt man dynastisch-konservativ, langfristig. Nicht nur aus Familientradition: „Als Forstwirt lernt man, 120 Jahre vorausdenken“, sagt der 64-Jährige.

Wer das Schloss der Fischer-Ankerns betritt, einen opulenten vierstöckigen Prunkbau auf mittelalterlichen Fundamenten, dem wird sofort klar, dass die Familie starken Bezug zur Natur hat: Mehrere Generationen von Jägern haben Trophäen zusammengetragen – das Stiegenhaus zieren Geweihe aller Größen, ausgestopfte Vögel und sogar ein Exemplar der inzwischen streng geschützten Fischotter. Rund 200 davon, erzählt Fischer-Ankern – der promovierte Forstwirt ist selbst passionierter Jäger –, leben heute auf den Besitzungen der Familie und holen immer wieder Fische. So wie Reiher, Kormorane und andere Räuber. Die Beraubten nehmen das sportlich: „Das Finanzamt holt sich viel mehr“, sagt Fischer-Ankern mit Augenzwinkern. Weil das gesamte Wirtschaftsareal unter Naturschutz steht, müsse man mit den Tieren leben lernen.
Bio, um zu überleben. Die Entscheidung, die gesamte Teichfläche nur noch biologisch zu bewirtschaften, haben die Fischer-Ankerns aber nicht aus Liebe zur Natur getroffen. Dafür waren beinharte wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend: Schon allein flächenmäßig kann die kleinräumige österreichische Teichwirtschaft nicht mit den gigantischen Fischzuchten in Osteuropa, Israel und China konkurrieren. Auch hier wieder dieses Generationendenken: Um den Betrieb langfristig zu sichern, blieb nur ein hoher Produktstandard. Als eines der ersten Fischzuchtunternehmen begannen die Fischer-Ankerns 2003 mit der Umstellung zum Biobetrieb.

Umstellungen ist die Familie gewohnt: Bis in die 1860er-Jahre gehörte sie zu den wichtigsten Metallverarbeitern der Monarchie. Weil die Schwertproduktion nach und nach von Schusswaffen verdrängt wurden, sattelte die Familie um – auf Land- und Forstwirtschaft und eben die Karpfenzucht. Die war damals auf einem absteigenden Ast – erst seit 1945 steigt die Zahl der Waldviertler Fischteiche wieder, mehr als 1000 sind es heute. Die meisten davon sind „Himmelsteiche“, die ihren Wasserstand durch Niederschläge halten.

Untereinander sind die Teiche durch jahrhundertealte Grabensysteme verbunden, die es ermöglichen, beim Abfischen das Wasser kaskadenförmig in die tiefer gelegenen Teiche abzuleiten, sodass möglichst wenig verloren geht – Erfahrungen und Arbeitsweisen, die Fischzüchter im Waldviertel seit dem 13. Jahrhundert weitergeben. Dass der Wandel vor den Betrieben dort nicht Halt macht, haben aber auch die Fischer-Ankerns feststellen müssen: Nachdem Peter Fischer-Ankern den Betrieb 1995 von seinem Vater übernommen hatte, hat er das Unternehmen kostenbedingt von 49 auf neun Mitarbeiter zusammengeschrumpft. Wichtig war, dass es weitergeht – wie seit 140 Jahren.

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